Hier der Film von der Gemeinde Therwil über unser Hilfsprojekt.


Die Schweizer Tafel hat über unseren Verein Phari ein Portrait publiziert.

Wir danken herzlich der Schweizer Tafel für die gute Zusammenarbeit.

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Sie liegen für Gabi Huber und Brigitte Marques nahe beieinander. Schmerz und Genugtuung. Die beiden Frauen leiten das Hilfsprojekt Phari mit Lokalen in Therwil und Reinach. Ein Projekt, das Menschen unterstützt, die sich am finanziellen Abgrund befinden. Zum Beispiel mit Nahrungsmitteln. Das bringt Huber und Marques in Kontakt mit bedrückenden Lebenswendungen. «Die Schwelle ist hoch, ein erstes Mal zu uns zu kommen», ist sich Huber der Schamgrenze Bedürftiger bewusst. Und Marques ergänzt: «Viele weinen. Sie sagen sich, ich bin jetzt so weit unten angekommen, dass ich mir Lebensmittel schenken lassen muss.»

Genugtuung verschafft Gabi Huber und Brigitte Marques, «der Gesellschaft etwas zurückzugeben». Oder schlicht morgens in den Spiegel schauen zu können, wie es Marques formuliert. «Dann kann ich zu mir sagen, du hast es wenigstens versucht, dass es anderen Menschen besser geht», sagt sie zu sich. «Das Leben wäre viel einfacher, wenn wir uns alle gegenseitig helfen würden.» Seit dem vergangenen Jahr arbeiten die beiden im 50-Prozent-Pensum für den Verein, den sie 2015 gründeten. Beide haben sie eine Ausbildung in Mediation. Gabi Huber ist zudem Tanzlehrerin, Brigitte Marques Karatelehrerin. Helferinnen und Helfer unterstützen sie.

 

Das Messer am Hals

Gegründet haben Marques und Huber den Verein, weil sie plötzlich feststellten, wie in ihrem privaten Umfeld einige in «massivste finanzielle Schwierigkeiten» gerieten. Leute, die ihre Wäsche in der Badewanne waschen mussten, weil die Waschmaschine nicht geflickt oder ersetzt werden konnte und das nötige Kleingeld fehlte. Menschen am Existenzminimum, die sich weder den Zahnarztbesuch noch die nötige Brille leisten konnten. Hinzu kommen die Spuren der Pandemie: Gabi Huber erzählt von einer alleinerziehenden Kellnerin, die noch 80 Prozent Lohn aus ihrer gerade inexistenten 60-Prozent-Anstellung bezieht. Die 300 bis 400 Franken Trinkgeld monatlich fallen auch weg – sie hat das Wasser bis zum Hals. «Dann springen wir ein», sagen Marques und Huber.

66 Haushalte werden in Therwil mit «Wuchegugge» versorgt, 58 sind es in Reinach. Pro Kopf stecken darin Waren im Wert zwischen 50 und 60 Franken. Geld fliesst keines. Auch nicht, wenn eine Stromrechnung offen ist. Dann wird die Rechnung beglichen. Direkt. Deshalb mögen die Phari-Helferinnen Unterstützung am liebsten in Form von Barem. Ein Spendenformular findet sich auf der Website. Lebensmittel bezieht der Verein von der Schweizer Tafel und seit kurzem vom Lieferdienst der Caritas. Der Gönnerverein Phari «gibt uns Planungssicherheit», sagt Gabi Huber. Die Miete übernimmt eine «grosszügige Dame aus Basel», die Löhne finanziert eine Stiftung. Unterstützung gabs zudem von der Glückskette. Im «Birsigtal-Boten» darf der Verein seine neuesten Informationen platzieren.

 

Ein kleines Stück Normalität

Eine wichtige Form der Begegnung ist das im Lokal integrierte Bistro. Was die Bäckerei Grellinger an Patisserie bis zum Abend nicht verkaufen kann, landet auf dem Bistrotisch. Kostenlos, zusammen mit einem Kaffee oder Tee. Marques bezeichnet dies als «ein Stück Normalität». Begegnung auf Augenhöhe will sie es jedoch auf keinen Fall nennen. «Das wäre ein Armutszeugnis für jede Gesellschaft», argumentiert sie, «egal, wer mit wem spricht, auf Augenhöhe muss das Gespräch immer stattfinden.»

Phari stösst an seine Kapazitätsgrenzen. Nicht zuletzt wegen der Pandemie, in der die Nachfrage nach Unterstützung deutlich gestiegen ist. Nachgedacht werde über zusätzliche Öffnungszeiten in Therwil und Reinach oder weitere Lokalitäten in Binningen oder Bottmingen. Gerade Seniorinnen und Senioren nutzen das Angebot stärker. «Altersarmut ist ein Riesenthema», sagt Gabi Huber. Doch kämen die Senioren wohl auch, weil sie die Begegnung suchten. Etwas, was die Pandemie zusätzlich zurückgedrängt hat. Ein weiterer Grund, warum Marques und Huber hoffen, das Bistro bald wieder in Betrieb nehmen zu dürfen.

 

Das Unsagbare

Neben all den Schwierigkeiten im Phari-Alltag komme doch viel zurück, und Dankbarkeit sei in den Augen der Menschen zu sehen, denen sie Hilfe anbieten können, sagen Marques und Huber. Es werde ihnen Vertrauen entgegengebracht, sogar in sehr schwierigen Momenten. «Wir kennen viele Fluchtgeschichten von Flüchtlingen», erzählt Huber. «Viele sind traumatisiert und können kaum darüber sprechen, was ihnen zugestossen ist», gibt Brigitte Marques zu bedenken. «Es hilft schon immens, wenn wir zuhören, warum es ihnen nicht gut geht.» Genugtuung und Schmerz – oft liegen sie für Gabi Huber und Brigitte Marques nahe beieinander.

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Der Verein Phari verteilt im Unterbaselbiet Lebensmittel und Kleider an Menschen, die wenig Geld haben. Der Bedarf ist gross – die Scham, sich als arm zu outen, ebenfalls.

Die 30-Jährige ist auffallend modisch gekleidet. «Nie hätte ich gedacht, dass ich es nötig haben würde, mir helfen zu lassen», sagt sie. «Bis vor einem Jahr ging es mir und meinem Ex-Partner gut, wir waren guter Mittelstand.» Die Therwilerin hatte eine gute Stelle in einem Spital. Doch dann wurde sie krank, sie trennte sich von ihrem Freund. Eine Invalidenrente wird derzeit abgeklärt. Mit der Sozialhilfe als Überbrückung kommt sie mehr schlecht als recht durch und sagt: «Jetzt merke ich, was ich früher alles hatte und dass das alles nicht selbstverständlich war.»

Vor drei Monaten hat sie den Schritt zum Verein Phari gewagt. Hier, in einem unscheinbaren Wohnblock in Therwil, gibt es für arme Menschen aus dem Leimental jede Woche eine grosse Papiertüte: Drin sind Grundnahrungsmittel wie Teigwaren, Glaskonserven und Dosen, aber auch frische Früchte und Gemüse, Konfitüre, Kaffee und Schokolade.

Die Notlage in der Vorortschweiz

Die Therwilerin, die wie alle hier ihren Namen nicht angeben will, ist froh über den materiellen Zustupf. Denn sie weiss: Alles nicht Vorhergesehene kann sie finanziell aus der Bahn werfen. So hat sie Angst, einen ihrer Hunde zum Tierarzt bringen zu müssen. Und dass sie vielleicht mal zum Zahnarzt muss, daran will sie lieber gar nicht denken: «Die Rechnung könnte ich ganz sicher nicht bezahlen.»

Hier beim Verein Phari erhält sie neben den Esswaren auch Hygieneprodukte und darf sich Kleider aussuchen. «Und vor allem nimmt man sich hier Zeit für uns, es ist keine Massenabfertigung.» Denn das ist das Konzept von Phari: Nicht nur die materielle Not wird gelindert. «Wir wollen einen Ort bieten, an dem sich die armen Menschen wohl fühlen», sagt Gabi Huber, die den Verein zusammen mit Brigitte Marques 2015 gegründet hat. Deshalb haben die beiden den Raum gemütlich eingerichtet. Es gibt gratis Kaffee oder Tee, Sandwiches oder süsse Weggli für alle. Die Atmosphäre ist ausgelassen, der Lärmpegel hoch.

Shopping in normalen Läden? Nein.

Wer will, erhält Beratung und wird an Fachleute verwiesen. Der Verein finanziert auch mal eine Weiterbildung oder eine Winterjacke, damit ein Kind ins Lager gehen kann, und hilft bei der Wohnungssuche – gerade Letzteres ist im Leimental nicht einfach. «Sachen, die für die meisten Menschen alltäglich sind, sind es für Arme nicht», sagt Huber. Das bestätigt eine Bottmingerin mittleren Alters, auch sie ist chic angezogen. Sie brauche eigentlich keine neuen Kleider, sagt sie. «Aber vielleicht finde ich heute doch noch was Schönes, an dem ich Freude habe.»

Shopping in normalen Läden liegt für sie nämlich nicht drin. Seitdem die Miete ihrer Genossenschaftswohnung um 350 Franken stieg, ist sie finanziell am Anschlag. Deshalb besucht sie immer wieder Kleiderbörsen, etwa diejenigen der Kirchen im Leimental. «Meine halbe Garderobe kommt von dort», sagt sie. Bei Phari hat sie jetzt einen Pulli gefunden und nimmt auch gerne eine Tüte voller Lebensmittel für sich und ihren Sohn mit. Wie viele, die zum Verein Phari kommen, ist sie alleinerziehend.

Und die Senioren hungern lieber

Zielgruppe von Phari sind einerseits Menschen, die Sozialhilfe beziehen, damit aber kaum durch kommen; andererseits Working Poor. «Viele haben zwar Arbeit, aber ihr Lohn reicht einfach nicht», sagt Huber. Manche Eltern gäben alles für ihre Kinder aus, und dann bleibe für sie selber nichts mehr übrig. Oder sie stünden nach einer Scheidung vor dem Nichts. Wöchentlich gehen bei Phari über 50 Tüten an Hilfsbedürftige aus dem Leimental.

Dieser Teil des Baselbiets gilt nicht gerade als Armenhaus. Doch der Verein könnte mehr Tüten abgeben als bisher, der Bedarf wäre da. «Wir müssen derzeit leider Leute abweisen», sagt Marques.

Das soll sich bald ändern, wenn der Verein in grössere Räumlichkeiten in Therwil umzieht und im März eine Abgabestelle für Lebensmittel in Reinach öffnet. In Basel gebe es einige vergleichbare Einrichtungen, sagt Marques, und Kleidertauschbörsen gebe es in den Baselbieter Gemeinden auch. «Aber ansonsten sind wir im Baselbiet einzigartig», sagt Huber. «Dabei gibt es auch bei uns viel Armut. In Reinach ist das ganz sicher nicht anders als im Leimental.» Doch Huber und Marques stossen immer wieder auf eine Schwierigkeit: Die Armut ist versteckt, die Betroffenen versuchen sie nicht zu zeigen.

Die Altersarmut ist sehr gross

«Wenn sie zu uns kommen, haben sie den ersten Schritt schon getan, um sich helfen zu lassen», sagt Huber. Jetzt hoffen die beiden, dass sich die neue Abgabestelle in Reinach herumspricht und die armen Menschen auch wirklich kommen. Vor allem Senioren hätten viel Scham, stellen sie immer wieder fest. «Manche hungern lieber, als dass sie Unterstützung beanspruchen», sagt Huber. «Dabei ist die Altersarmut bei uns sehr gross.»

Zum ersten Mal bei Phari ist eine Mutter, die ihren fast erwachsenen Sohn mitgebracht hat. Nervös schaut sie, wie eine Helferin zwei Tüten für sie füllt. Es ist ihr offensichtlich unangenehm. Ob sie Kaffee oder Tee lieber habe, wird sie gefragt. Dass man sie nach solchen Wünschen fragt, das ist sie nicht gewöhnt. «Früchtetee, bitte», sagt sie dann – und lächelt schüchtern. Ihr Sohn blickt in die Tüten. «Dürfen wir das wirklich alles mitnehmen?», fragt er ungläubig, «einfach so?» Später wird die Mutter aufgrund ihrer Steuererklärung dem Verein Phari darlegen müssen, dass sie die Hilfe auch wirklich nötig hat. Erst dann erhält sie eine Karte, die sie vorweisen muss, wenn sie Lebensmittel oder Kleider beziehen will.

Denn Huber und Marques legen Wert auf klare Strukturen. Huber arbeitet in einem Sekretariat, Marques führt ein Malergeschäft und sagt: «Wir funktionieren wie ein kleines KMU.» Der Verein beansprucht die beiden je zu etwa 30 Prozent. Auf die Idee für Phari – lateinisch für «Leuchtturm» – kamen sie, als sie in ihrem Umfeld arme Menschen sahen. «Uns war es wichtig, möglichst unbürokratisch Hilfe anzubieten», sagt Marques.

Die Esswaren, die der Verein verteilt, werden hauptsächlich von der Schweizer Tafel geliefert. Der Rest, auch die Kleider, ist gespendet, von Einzelpersonen oder von Firmen. Auch von Gemeinden und Kirchen kommt Geld. Der grösste Posten, den der Verein decken muss, ist die Raummiete. «2019 ist gedeckt», sagt Huber. «Wie wir das Jahr 2020 finanzieren, wissen wir aber noch nicht.» Auch die Bezüger müssen ihren Anteil an der Finanzierung des Vereins leisten. Pauschal zahlt jeder pro Woche zwei Franken, gewisse Kleidungsstücke kosten zusätzlich.

Für manche ist sogar das zu viel, so auch für die Mutter, die einen Wintermantel mitnehmen möchte. «Zwei Franken bitte», kriegt sie zu hören. Sie murmelt verlegen: «Kein Geld.» Den Mantel darf sie trotzdem mitnehmen. «Sie wird einfach das nächste Mal zahlen», sagt Huber. Für sie ist die Frau kein Einzelfall: «Manche Leute haben am Ende des Monats gar nichts mehr übrig, das ist bei uns der ganz normale Alltag.»

Michel Ecklin

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Siehe bz-Bericht vom 20. Juli 2020
DANKE FÜR JEDE SPENDE
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Unser Verein im TV

"regioTVplus"

Mr hän Bsuech ka vom Dani vom „regioTVplus“! 

https://www.youtube.com/watch?v=ikwRhJg0os4&app=desktop


"Tag der offenen Tür" am 27. April 2019: 

 Dr Däni vom "regioTVplus" het uns nomoll bsuecht:

https://www.youtube.com/watch?v=XFEW-AWeoR0


Danke Dani vom RegioTVplus für das neue Interview vom 19. Mai 2020

https://www.youtube.com/watch?v=CD6AobQ87ho


Wochenblack Birseck Seite "Reinach" vom Donnerstag, 8. August 2019 

Text von CASPAR REIMER

Seit März dieses Jahres gibt es in Reinach eine Lebensmittelabgabe für Armutsbetroffene. Die erste Halbjahresbilanz ist sehr positiv. Spaziert man durch Reinach, zeigt sich meist ein Bild des Wohlstandes: Moderne Eigentumswohnungen, säuberlich heraus-geputzte Einfamilienhäuser, einige schmucke Altbauten oder typische mittelständische Mietwohnungen dominieren das Bild. Doch der Schein trügt – zumindest teilweise. Auch in Reinach leben Menschen, deren Portemonnaie alles andere als prall gefüllt ist. Schweizweit sind knapp acht Prozent der Menschen von Armut betroffen. Bricht man diese Zahl auf Reinach herunter, leben in der Stadt vor der Stadt rund 1500 Menschen, die finanziell mehr schlecht als recht durchs Leben kommen. Aus diesem Grund hat im vergangenen März der in Therwil beheimatete und dort sehr erfolgreiche Verein Phari eine Lebensmittelabgabestelle für Armutsbetroffene ins Leben gerufen. Alle Reinacherinnen und Reinacher, die am oder unter dem Existenzminimum leben, können sich beim Verein melden: «Unser Angebot ist sehr gut angelaufen. Es gibt also Bedarf für eine solche Einrichtung in Reinach», sagt Gabi Huber, die den Verein zusammen mit ihrer Kollegin Brigitte Marques gegründet hat. Die Lebensmittelabgabestelle ist jeden Donnerstag von 15.30 bis 17 Uhr im Pfarreisaal der katholischen Kirchgemeinde eingerichtet. Den grössten Teil der Lebensmittel bekommt der Verein von der Schweizer Tafel, einem Projekt der gleichnamigen Schweizer Stiftung. Die Schweizer Tafel verteilt einwandfreie, überschüssige Lebensmittel, die bei Grossverteilern liegen geblieben sind, an soziale Institutionen wie Obdachlosenheime, Gassenküchen, Notunterkünfte und andere Hilfswerke. Solche Lebensmittel sind in der Schweiz nämlich im Überfluss vorhanden: etwa zwei Millionen Tonnen nicht gebrauchte Lebensmittel landen jährlich im Abfall. Von diesem Überschuss profitiert der Verein Phari. Im Sortiment gibt es frisches Gemüse, Teigwaren, Obst, Konfitüre und Brot – einfach alles, was der Mensch für eine ausgewogene Ernährung braucht. In Reinach wird die Lebensmittelabgabestelle zusätzlich noch von der Bäckerei-Konditorei Grellinger unterstützt: «Alles, was dort übrig bleibt, stellt die Familie Grellinger uns zur Verfügung», sagt Brigitte Marques.

Treffen kann es alle

Anders als in der anonymen Stadt ist die Armut in Reinach versteckt: «Betroffene empfinden Scham und versuchen alles, damit ihre Situation nicht bekannt wird», berichtet Huber. Dabei könne grundsätzlich jeder in eine solche Situation geraten: «Es gibt viele Leute, die arbeiten und trotzdem zu wenig Geld haben, um die Grundbedürfnisse zu decken.» Verbreitet ist Armut auch bei Alleinerziehenden oder bei Eltern, die ihr knappes Geld für die Kinder ausgeben, und am Schluss für sich nichts mehr übrig haben. «An solche Menschen richtet sich unser Angebot», sagt Huber. Das Angebot soll niederschwellig, persönlich und unbürokratisch sein – aber: «Natürlich brauchen wir einen Nachweis, dass eine Person wirklich bedürftig ist.» Dazu benötigen Huber und Marques Lohnausweise, Steuerunterlagen oder dergleichen. «In einem persönlichen Gespräch klären wir den Bedarf ab.» Wer bedürftig ist, bekommt eine Berechtigungskarte und hat jeden Donnerstag Anrecht auf eine Tüte Lebensmittel. Zudem bietet die Anlaufstelle auch Gelegenheit für gegenseitigen Austausch: «Die Betroffenen merken dann, dass sie in ihrer Situation nicht alleine sind», erzählt Marques.

Lücke gefüllt

In Therwil, wo der Verein seine Tätigkeit aufgenommen hat, wird das Angebot so stark genutzt, dass Gabi Huber und Brigitte Marques schon Leute auf die Warteliste setzen mussten. Die beiden Frauen haben mit ihrem Projekt eine Lücke gefüllt und somit für Aufsehen gesorgt: Um ihr Projekt vorzustellen, wurden sie etwa an einen kantonalen Vernetzungsanlass eingeladen und konnten das Angebot bereits interessierten Schulklassen präsentieren – so war neulich eine Klasse des KV Reinach zu Besuch. Weitere Informationen gibt es unter www.vereinphari.ch.


Der Verein PHARI (Pharus bedeutet auf lateinisch „Leuchtturm“) hat sich das Ziel ge­setzt, Familien und Personen zu helfen, die am oder unter dem Existenzminimum le­ben. Diesen Verein gibt es seit Februar 2015, er steht allen Menschen offen und ist politisch und konfessionell neutral.

 

Wer diese Zeitung regelmässig liest (und das tut hoffentlich das ganze „BiBo-Land“), wird immer wieder Neuigkeiten rund um den Verein „Phari“ erfahren. Zu verdanken ist dies ei­nem Frauen-Duo (Gabi Huber und Brigitte Marques), welche nicht nur vor vier Jahren den Verein gegründet haben, sondern diesen mit einem beispiellosen Engagement (Herzblut, Hingabe, Idealismus) weiterentwickelt haben. Grund genug für uns, mit den beiden Ther­wilerinnen ein Interview zu führen.

 

BiBo: Der „Verein Phari“ hat anfangs März eine neue Lokalität bezogen. Können Sie uns hierzu mehr sagen?

Gabi Huber: Unsere Türen haben wir zum ersten Mal im 2015 geöffnet und haben in den letzten Jahren über 160 Berechtigungskarten bewilligt. Aus Platzgründen können wir im Vereinslokal an der Rauracherstrasse nicht noch mehr Bedürftige aufnehmen. Jede Wo­che gehen bei uns rund 60 Familien (gut 200 Personen) ein und aus und nehmen unsere „Wuchegugge“ mit Lebensmitteln entgegen. Da wir gleichzeitig in unserer Bistro-Ecke gra­tis Essen und Trinken anbieten und unsere Besucher auch noch Secondhand-Kleider aus­suchen können, sind wir mit dem jetzigen Raum an unsere Grenzen gestossen. Nun ha­ben wir am Mittleren Kreis 29 in Therwil ein neues Vereinslokal gefunden, welches mehr Platz für alle Bereiche der Hilfe bietet. Wir sind glücklich, dass das neue „Phari“ parterre ist und wir die Lebensmittel und die Kleiderspenden nicht mehr hinunter- und hinauftragen müssen.Dass wir nun auch ein eigenes Büro haben, in welchem wir in Ruhe persönliche Gespräche führen können, freut uns sehr. 

 

Im regioTVplus konnten wir sehen, dass diese gemeinnützige Institution expandiert und in Reinach eine „Zweitfiliale“ eröffnen wird (eröffnet hat). Wird dort die gleiche Philosophie, und Angebot, vertreten respektive präsent sein?

Brigitte Marques: In Therwil decken wir mit unserer Hilfe die Bewohner der Leimentaler Gemeinden ab. In Reinach gibt es aber bis heute keine Lebensmittelabgabestellen für be­dürftige Menschen. Dank der finanziellen Unterstützung der Gemeinde Reinach konnten wir nun seit dem 21. März auch dort eine Lebensmittelabgabe für armutsbetroffene Men­schen durchführen. Wir sind dankbar, dass die römisch-katholische Kirchgemeinde jeweils am Donnerstagnachmittag einen Raum für die Abgabe zur Verfügung stellt. Unsere Phari-Philosophie bleibt sich natürlich gleich: Unser Verein steht allen Menschen offen und ist politisch und konfessionell neutral. Er ist geprägt von Respekt gegenüber den Menschen in Bezug auf Geschlecht, Alter, kultureller Zugehörigkeit oder sozialer Herkunft.  

 

Stimmen Sie der These zu, dass in der Schweiz einige immer reicher, aber immer mehr Menschen ärmer werden?

Gabi Huber: Ja, wir glauben, dass die Kluft zwischen Arm und Reich stetig wächst. Die Entwicklung, dass es in unserer „reichen“ Schweiz so viele armutsbetroffene Menschen gibt, stimmt uns traurig. Seit vier Jahren betreiben wir nun den Verein Phari und wir sehen eine stetige Steigerung von Armut der Familien in der Region. Dies sind Personen, die trotz Erwerbstätigkeit am Existenzminimum leben (Working Poor), viele Alleinerziehende oder Senioren. 

 

Brigitte Marques: Was uns Sorgen macht, sind die Kinder aus den armutsbetroffenen Fa­milien. Es ist ja so, dass nicht nur das Geld für das Nötigste fehlt. Wir beobachten, dass durch den finanziellen Engpass das Sozialleben enorm darunter leidet. Diese armutsbe­troffenen Familien leben vielfach isoliert. Durch die Spendengelder, die wir erhalten, kön­nen wir beispielsweise den Kindern und Jugendlichen Musik- oder Sportunterricht oder auch einen Lagerbesuch/einen Ausflug mit der Familie ermöglichen. Wir finanzieren nach ausführlichen Abklärungen auch Optiker- oder Zahnarztkosten sowie Mittagstischgebühren, Kosten für den öffentlichen Verkehr und vieles mehr. Oft können wir auch bei einem individuellen sozialen Problem mit einer einmaligen Spende helfen, die Not lindern und etwas Freude in den Alltag dieser Menschen bringen.

 

Gabi Huber: Wir sind bestrebt, in erster Linie die Grundbedürfnisse der armutsbetroffenen Menschen besser abzudecken. Wir glauben fest an unser Hilfsprojekt und sind überzeugt, dass es wichtig ist, für Leute, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, aktiv zu sein.

 

Welche Worte möchten Sie an die BiBo-Leserschaft richten?

Brigitte Marques: Sind Sie Alleinerziehend, Seniorin/Senior, Working Poor, Student und le­ben am Existenzminimum? Wenn Sie in einer der Leimentaler Gemeinden oder in Reinach wohnhaft sind und keine Unterstützung von der Sozialhilfe erhalten, dann können Sie sich ungeniert bei uns melden. Durch unsere wöchentlichen Abgaben können wir Ihr mo­natliches Budget etwas entlasten. Wir freuen uns über jede Nachricht über unser Kontakt­formular auf unserer Homepage.

 

Es ist mir ein persönliches Anliegen, Brigitte und Gabi für das Gespräch herzlichst zu dan­ken. Und die „bzBasel“ widmete dem Verein Phari am 3. Februar 2019 einen längeren Ar­tikel, der nochmals in Erinnerung rief: Der Verein Phari verteilt im Unterbaselbiet, primär in Therwil, Lebensmittel und Kleider an Menschen, die wenig Geld haben. Der Bedarf ist gross – die Scham, sich als arm zu outen, ebenfalls.

Von wegen, dass in der reichen Schweiz alle Menschen reich sind…

                                                                                                                                     Georges Küng